DÄO Untermarchtal / Metzingen Herbst 2018 – Informationen für Mitwirkende

Liebe DÄO-Mit-Musiker

„In memoriam Celesio“ – organisiert von Hans Roll musizieren wir im Herbst dieses Jahres zwar nicht in Stuttgart, aber doch zu Gunsten der German Doctors e.V., mit denen uns seit vielen Jahren eine gute und intensive Zusammenarbeit verbindet.

Auf dem Programm stehen:

  • Das Orgelkonzert von Francis Poulenc mit dem Bezirkskantor Stephen Blaich als Solist
  • Eine Harmoniemosik zu Mozarts „Don Giovanni“ aus der Feder von Rainer Schottstädt
  • Die d-Moll-Sinfonie von César Franck

Aufnahmen:

Hier ist eine ganz brauchbare Aufnahme vom Franck mit Marc Soustrot
Hier noch eine (nur Audio) mit Celibidace

Hier ist eine Aufnahme vom Poulenc-Konzert (zum Mitlesen)
Hier ist noch eine schöne Aufnahme mit Iveta Apkalna (wo allerdings die ersten paar Töne fehlen.)

Zu den Werken:

Francis Poulenc (1899-1963), Orgelkonzert

Die ursprünglich barocke Form des Concerto Grosso mit konzertierender Orgel hat sich im Laufe der Jahrhunderte erheblich verändert. Francis Poulenc greift in seinem 1938 entstandenen Werk zwar augenscheinlich auf die alte Form (Orgel und Streicher) zurück, fügt jedoch der Besetzung eine gleichfalls „konzertante“ Paukenstimme hinzu. Diese gezielte Abweichung von der alten Norm ist es dann auch, die dem Konzert selbst seinen sehr individuellen Charakter verleiht. So ist Poulencs Werk in seinen Grundzügen in beinahe archaischer Harmonik konstruiert, die jedoch an entscheidenden Stellen in charakteristischer Weise durchbrochen bzw. erweitert wird.

Francis Poulenc

In seiner Abfolge kontrastierender Abschnitte in ununterbrochener Folge mit vielfältiger thematischer Verklammerung spiegelt das Werk Elemente barocker Orgel-Toccaten im „Stile Phantasticus“ wider. Obwohl Poulenc Bach und Buxtehude nie besonders geliebt haben soll, haben beide Komponisten im Orgelkonzert unverkennbare Spuren hinterlassen. So erinnert bereits der Anfang des Werkes deutlich an Bachs Orgelfantasie in g-Moll, der Aufbau des Konzertes orientiert sich an den freien Orgelwerken Buxtehudes. Das einsätzige Werk ist einerseits eine neo-klassizistische Reminiszenz an die Vergangenheit und andererseits der Versuch, eine neue, intensivere Tonsprache in der Form des Solokonzertes zu entwickeln, zu einer Zeit, als in Deutschland die Zwölftonmusik schon fest etabliert war. Diese Kombination aus alten Strukturen und neuen Klängen führt zu einem faszinierenden Ergebnis, das in der Sololiteratur des 20. Jahrhunderts einen ganz eigenen Platz einnimmt.

 

Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), Ausschnitte aus „Don Giovanni“ – Harmoniemusik für 17 Bläser von Rainer Schottstädt

Ein buntes, komplexes und leichtfüßiges Musikdrama mit zahllosen Intrigen, Verwechslungen und unerwarteten Wendungen über den Frauenhelden „Don Giovanni“ komponierte Mozart 1787 nach einem Libretto von Lorenzo da Ponte. Das „Dramma giocoso“ gehört zu Mozarts bekanntesten Opern und findet sich noch heute auf zahllosen Spielplänen überall auf der Welt.

Die Einrichtung von ganzen Opern oder Teilen daraus für Bläserensembles ist keine Erfindung der Neuzeit: in der Wiener Klassik wurden bereits zur Entstehungszeit der Opern die so genannten „Harmonien“ ausgesetzt, teils von den Komponisten selbst, teils von zeitgenössischen Komponisten-Kollegen. Viele dieser Harmoniemusiken sind bis heute erhalten, und auch wenn sie nicht mehr den ursprünglichen Effekt der lukrativen „Zweitverwertung“ der Opern, oder aber der Popularisierung erfüllen, haben sie ihren Platz im Repertoire speziell von Bläserensembles bis heute bewahrt.

Rainer Schottstädt

Bei der heute erklingenden Harmoniemusik mit drei Sätzen aus „Don Giovanni“ handelt es sich nicht um eine Einrichtung eines Zeitgenossen Mozarts, vielmehr stammt sie aus der Feder des ehemaligen Solo-Fagottisten des Kölner Gürzenich-Orchesters, Rainer Schottstädt (1951-2016). In ihr findet sich der deutlich erkennbare Blick des Instrumentalisten auf die Musik wieder, die Instrumente strahlen so farbenfroh und an den speziellen Stärken der jeweiligen Instrumente orientiert, wie es nur ein erfahrener Bläser selbst schreiben konnte.

Die Anregung zur Aufführung dieser besonderen Harmoniemusik kam vor seinem Tod 2016 über einen persönlichen Kontakt von Mitgliedern des Deutschen Ärzteorchesters zu Rainer Schottstät zu Stande. Für die Unterstützung bei der Beschaffung der Partitur und der Stimmen sei insbesondere Frau Weidmann vom BDLO herzlich gedankt.

 

César Franck, Symphonie in d-Moll

César Franck

Die Rezeption eines Werkes bei den ersten Aufführungen von Publikum und Kritik ist nur selten ein zuverlässiger Gradmesser für den späteren Stellenwert in der Musikgeschichte. Viele heutzutage selten gespielte Werke, etwa die Sinfonien Xaver Schwarwenkas, wurden bei ihren ersten öffentlichen Aufführungen euphorisch begleitet, gerieten aber später völlig in Vergessenheit, während umgekehrt etwa die 5. Symphonie von Schubert erst gar nicht zur Kenntnis genommen, Bachs Matthäuspassion von zeitgenössischen Stimmen gar verspottet wurde.

Die einzige Symphonie von César Franck teilt ein ähnliches Schicksal: die Form der Symphonie galt gegen Ende des 19. Jahrhunderts (das Werk wurde 1889 uraufgeführt) als unattraktiv und außerdem anachronistisch und, speziell nach dem noch nicht lange zurückliegenden Deutsch-Französischen Krieg, in Francks Heimatland Frankreich als Sinnbild der verschmähten „deutschen“ Musik.

César Franck teilte diese Meinung nicht, und auch seinen Schülern gegenüber hob er die Bedeutung und die Möglichkeiten der rein orchestralen Symphonie (Werke mit Chor oder Klavierkonzerte waren zur Entstehungszeit wesentlich populärer) stets mit Nachdruck hervor. So ist die Symphonie auch seinem Schüler Henri Duparc gewidmet.

Der Komponist modifiziert die äußere Form der Symphonie insgesamt nur geringfügig, indem er den langsamen Satz und das Scherzo in einem Satz zusammenfasst. Franck selbst schrieb über sein Werk:

Es ist eine klassische Symphonie. Zu Beginn des ersten Satzes findet sich eine Reprise, wie man sie früher zur besseren Bestätigung der Themen benutzte, sie steht jedoch in einer anderen Tonart. Dann folgen ein Andante und ein Scherzo, die miteinander verbunden sind. Dabei wollte ich dies so, dass eine Zählzeit des Andante einem Takt des Scherzos entspricht, so dass sie nach der vollständigen Entwicklung der beiden Abschnitte übereinander geschichtet werden können. Es ist mir gelungen, dieses Problem zu lösen. Das Finale greift, wie in Beethovens Neunter Symphonie, alle Themen wieder auf; aber sie erscheinen nicht als Zitate, ich habe etwas anderes aus ihnen gemacht, sie spielen die Rolle neuer Elemente.

Ungewöhnlich für die Zeit lieferte der Komponist über diese Beschreibung hinaus auch eine komplette programmatisch-thematische Analyse als Beigabe zur Symphonie, die der Partitur im Druck vorangestellt wurde.

Die Bedenken der Kritiker kommen bei kontroversen Werken häufig aus allen denkbaren und manchmal widersprüchlichen Richtungen. César Francks Werk wurde sowohl dafür kritisiert, mit der Form der Symphonie insgesamt zu traditionell angelegt, gleichzeitig durch die Abweichungen von der traditionellenForm, etwa durch die kurz gestaffelten Modulationen des Hauptthemas im ersten Satz, wiederum der Tradition nicht treu genug zu sein. Im Ergebnis hat Franck ein Werk geschaffen, das mit gewisser historischer Distanz ohne große Schwierigkeiten als das identifiziert werden konnte, was es ist: ein symphonisches Meisterwerk eines Komponisten, der die Gattung mit diesem Werk um eine sehr charakteristische, anderorts unauffindbare Farbe bereichert hat.